"Free Spirit" - Rezension des neuen Buches von Stefan Rappo
Abends in Paris. In einem kleinen Bistro im 11. Arrondissement sitze ich mit dem Fotografen Stefan Rappo und der Künstlerin Emilie Payet zusammen. Beide sind in der Welt der Fotografie keine Unbekannten. Stefan Rappo ist ein erfolgreicher kommerzieller Fotograf mit eigenen künstlerischen Projekten und langjähriger erster Assistent von Peter Lindbergh. Die Musikerin Emilie Payet, eines der Lieblingsmodelle des Fotografen Marc Lagrange, ist auf den Titelseiten großartiger Bildbände zu sehen. Wir sprechen über Stefan Rappos neuen Bildband „Free Spirit“.
Mit „Free Spirit“ halte ich ein Buch in Schweizer Broschur in der Hand. 160 Seiten, matter Einband, ein Handschmeichler. Beim Durchblättern merke ich, dass dieses Buch mehr ist als eine Sammlung ästhetisch inszenierter Fotografien. Es ist ein künstlerisches Manifest, eine visuelle und literarische Hommage an Freiheit, Individualität und kreative Zusammenarbeit. Die Protagonistinnen - Emilie Payet, Tezz Tran und Marisa Papen - stehen nicht nur als Models vor der Kamera. Sie schreiben, komponieren, musizieren und malen. Oder sind - wie Marisa Papen - Aktivistinnen. Alles in allem kreative Köpfe mit einem wachen Blick auf die Welt.
Emilie Payet
Marisa Papen
Schnell wird klar, dass Stefan Rappo kaum bessere Protagonistinnen für dieses Projekt hätte finden können. Wenn er von Zusammenarbeit spricht, meint er das in diesem Fall so ernst, dass er den drei Protagonistinnen dieses Buches viele Möglichkeiten gegeben hat, sich inhaltlich und gestalterisch einzubringen. Das Buch enthält Texte und Gedichte der drei Frauen, die intime Einblicke in ihre Gedankenwelt geben - mal poetisch, mal politisch, mal provokant. Ebenso haben die Modelle jedem Bild einen Titel gegeben. Emilie Payet hat zusätzlich ein Gemälde und eine Komposition beigesteuert, die auch auf ihrem nächsten Musikalbum zu hören sein wird.
Stefan Rappo interessiert sich für die Menschen, mit denen er arbeitet, und will sie verstehen. Emotionen in seinen Bildern sind ihm wichtiger als Effekthascherei. Seine Haltung spürt man in jedem Blick der porträtierten Frauen im Buch. Sie zeigen sich nackt, verletzlich, stark, verspielt, laut, leise. Aber niemals bloßgestellt. Was auf den ersten Blick wie klassische Aktfotografie wirken mag, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als tief empfundene Erzählung über Selbstbestimmung, Authentizität und die Kraft der Individualität. Nichts wirkt inszeniert und doch ist alles von einem starken ästhetischen Empfinden durchdrungen.
Tezz Tran
Die Botschaft des Buches? Freiheit! Nicht nur die individuelle Freiheit, sich so zu zeigen, wie man ist. Sondern auch die Freiheit im kreativen Prozess, die Freiheit des Ausdrucks und generell die Akzeptanz vielfältiger Meinungen. Gerade in einer Zeit, in der sich Gesellschaften zunehmend polarisieren, ist diese Einstellung aktueller denn je.
Die Veröffentlichung des Buches wird derzeit von einer Ausstellung in der Galerie Spazio Minimi in Brüssel begleitet.
Fazit: „Free Spirit“ ist ein Buch, das man nicht nur anschaut, sondern erlebt - mit Augen, Herz und Verstand. Ein Manifest für die Kraft der Freiheit und des künstlerischen Miteinanders.
Buch: Free Spirit, 160 Seiten, Schweizer Broschur mit drei verschiedenen Umschlagmotiven, 24,5 x 30cm. Künstler: Stefan Rappo, Mitwirkende: Emilie Payet, Marisa Papen, Tezz Tran.
Bestellung: shop.stefan-rappo.com
Das Buch ist in drei Covervarianten erschienen. Von links nach rechts: Emilie Payet, Marisa Papen und Tezz Tran. Alle Bilder (auch oben im Text): © Stefan Rappo