Thomas Berlin: Hallo Max, du bist als professioneller Fotograf für deine Portraitfotos bekannt und, wie ich gehört habe, auch sehr gut gebucht. Wie würdest du deine Fotos jemandem beschreiben, der dein Portfolio nicht kennt?
Max Sonnenschein: Ich würde sagen, dass meine Portraits schlicht, aber ausdrucksstark sind. Ich arbeite viel mit minimalistischen Hintergründen, um den Fokus voll auf den Menschen vor meiner Kamera zu legen. Es geht mir darum, die Persönlichkeit und den Charakter meines Gegenübers einzufangen – ohne Ablenkung durch überflüssige Elemente.
Thomas Berlin: Deine Portraits sind fast schattenlos. Im Gegensatz dazu wurden und werden in der Malerei und Fotografie Licht und Schatten oft bewusst eingesetzt. Warum verzichtest du auf diese Gestaltungsmittel?
Max Sonnenschein: Das stimmt. Für mich hat eine schattenfreie Beleuchtung etwas Zeitloses und Reines. Ich möchte die Person möglichst unverfälscht zeigen, ohne dass Schatten zu viel Dramatik oder Stimmung erzeugen. Es geht mir darum, dass der Betrachter sich voll und ganz auf das Gesicht und die Augen konzentriert.
Thomas Berlin: Wie erreichst du diese gleichmäßige Ausleuchtung? Für mich sieht das aus wie eine sehr große Softbox oder ein großes Fenster ohne direkte Sonneneinstrahlung. In den Augen deiner Modelle sieht es für mich manchmal wie ein Fenster aus. Ist das richtig und worauf kommt es an?
Max Sonnenschein: Das ist korrekt. Ich arbeite ausschließlich mit natürlichem Tageslicht vor einem Fenster ohne direkte Sonneneinstrahlung. Dieses weiche, diffuse Licht sorgt für eine gleichmäßige Ausleuchtung ohne harte Schatten. Es ist mir wichtig, dass das Licht natürlich und angenehm wirkt, da es so die Gesichtszüge sanft hervorhebt, ohne zu dramatisch zu wirken. Der Lichteinfall durch das Fenster schafft auch oft schöne Reflexionen in den Augen, was den Bildern eine besondere Lebendigkeit verleiht.
Thomas Berlin: Du fotografierst Portraits vor weißem und schwarzem Hintergrund. Auch wenn sich deine Kundinnen und Kunden den Hintergrund wahrscheinlich selbst aussuchen, würde mich deine Meinung dazu interessieren: Welche unterschiedliche emotionale oder sonstige Wirkung verbindest du mit den beiden Gestaltungsmöglichkeiten?
Max Sonnenschein: Weiß wirkt für mich immer klar und klinisch, es lässt mein Gegenüber im Vordergrund strahlen und gibt dem Bild eine Leichtigkeit. Schwarz hingegen ist kraftvoller, intensiver. Es zieht den Betrachter förmlich in das Bild hinein und gibt dem Portrait eine tiefere, oft konzentriertere Note.
Thomas Berlin: Hast du ein Gefühl dafür, welcher Hintergrund zu welchem Kundentyp passt? Wie würdest du vorgehen, wenn du einen Rat geben müsstest?
Max Sonnenschein: Es gibt für mich keine unterschiedlichen Typen für meine Art der Portraits. Ich gebe hier keinen Rat, sondern die Menschen wählen den Hintergrund selbst.
Thomas Berlin: Du nennst die schwarzen Portraits „Meisterportraits“. Das klingt für mich so, als wären sie schwieriger zu machen als die hellen. Oder was meinst du damit?
Max Sonnenschein: Die schwarzen Portraits nenne ich so, weil sie eine besondere Tiefe und Präsenz haben und mir besonders am Herzen liegen. Sie sind die ersten meiner Art und erfordern tatsächlich mehr Feingefühl, da jeder kleine Fehler sofort sichtbar ist. Es geht darum, Nuancen präzise zu setzen, um das Gegenüber aus dem dunklen Hintergrund „herauszuholen“.
Thomas Berlin: Für mich sind die Augen auf den Portraits ein besonders hervorstechendes Merkmal. Akzentuierst du sie nach der Aufnahme durch digitale Bildbearbeitung?
Max Sonnenschein: Nein. Allein die Spiegelung meiner Person und Fenster im Auge ist ausreichend.
Thomas Berlin: Was ist für dich ein gutes Bild bzw. wann bist du mit deiner Arbeit zufrieden?
Max Sonnenschein: Ein gutes Portrait ist für mich dann gelungen, wenn ich das Gefühl habe, dass es die Persönlichkeit der abgebildeten Person authentisch widerspiegelt. Wenn der Betrachter in das Portrait eintauchen kann und sich mit dem Dargestellten verbindet – dann bin ich zufrieden.
Thomas Berlin: Auf den veröffentlichten Bildern sehe ich ausschließlich Menschen mit schöner, glatter Haut. Zum einen trägt sicher das gleichmäßige, direkte Licht zu einem attraktiven Aussehen bei. Außerdem entfernst du wahrscheinlich nicht nur Hautunreinheiten, oder? Wie weit geht deine Retusche?
Max Sonnenschein: Richtig, das Licht trägt schon viel dazu bei. Klassische Retusche passiert bei mir nicht. Aber ich reduziere Hautunreinheiten oder kleinere Falten, allerdings achte ich darauf, dass es nicht unnatürlich aussieht. Die Reduzierung soll konzentrieren!
Thomas Berlin: Und losgelöst von deiner eigenen Fotografie: Was ist ein gutes Porträt im Allgemeinen? Kannst du ein paar Vorbilder oder Fotografen nennen, die du besonders gut findest?
Max Sonnenschein: Ein gutes Porträt zeigt die Essenz eines Menschen. Es muss nicht perfekt ausgeleuchtet oder technisch einwandfrei sein, aber es muss ehrlich und authentisch wirken. Ich habe selbst keine Vorbilder, aber Fotografen wie Richard Avedon oder Kunstfotograf Andreas Gursky haben mich stark beeinflusst
Thomas Berlin: Wie hast du deinen Stil gefunden bzw. wie war der Entwicklungsprozess bis dahin?
Max Sonnenschein: Mein Stil hat sich im Laufe der Jahre entwickelt. Am Anfang habe ich viel experimentiert, unterschiedliche Techniken ausprobiert. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mich das Minimalistische und der Fokus auf das Gesicht besonders faszinieren. Ab da habe ich meinen eigenen Weg gefunden.
Thomas Berlin: Deine Bilder haben für mich alle den gleichen Aufbau und könnten daher theoretisch von anderen Fotografen technisch kopiert werden. Dennoch kommen die Leute zu dir, so dass sicherlich nicht nur die Technik und das Setup entscheidend sind, sondern auch der Mensch hinter der Kamera. Was macht dich als Fotograf aus bzw. wie würdest du dich als Fotograf beschreiben?
Max Sonnenschein: Es geht nie um Technik. Es geht um eine Verbindung zu den Menschen vor der Kamera aufzubauen. Meine Stärke liegt darin, dass sie sich wohlfühlen und ihre echte Persönlichkeit zeigen können.
Thomas Berlin: Bleiben wir bei dir als Fotograf: Wie kann ich mir ein Shooting mit dir vorstellen? Mich interessiert vor allem, wie du mit den Menschen vor der Kamera umgehst.
Max Sonnenschein: Ein Portraitslot dauert von Hallo bis Ciao genau 15 Minuten. Was da genau passiert, kann ich selbst nicht beantworten... man muss es fühlen und erleben!
Thomas Berlin: Was unterscheidet einen guten Portraitfotografen von einem weniger guten?
Max Sonnenschein: Es gibt keine weniger guten. Ich unterscheide, wenn überhaupt, zwischen Portraitist und Peoplefotograf. Ich fände es eine Anmaßung mich Fotograf zu nennen. Ich bin Portraitist.
Thomas Berlin: Wie sieht deine technische Ausrüstung aus?
Max Sonnenschein: Canon EOS R5 mit RF 50mm 1.2
Thomas Berlin: Kannst du noch etwas zu deinem Arbeitsablauf nach der Aufnahme sagen?
Max Sonnenschein: Nach dem Slot sortiere ich die Bilder und wähle die besten aus. Diese bearbeite ich dann in Adobe Lightroom. Dabei konzentriere ich mich auf Farbkorrekturen, die Reduzierung und das Herausarbeiten von Details. Die Wartezeit dauert ca 3-4 Wochen.
Thomas Berlin: Gibt es etwas, das du als Fotograf in den nächsten Jahren erreichen möchtest?
Max Sonnenschein: Mein nächster Gedanke ist eine große Ausstellung in einer renommierten Galerie.
Thomas Berlin: Nachdem wir jetzt so viel über deine Fotografie gesprochen haben, würde mich interessieren, wie du eigentlich zur Fotografie gekommen bist? Hast du das gelernt oder bist du Autodidakt?
Max Sonnenschein: Mit drei Jahren habe ich das erste Mal eine Kamera in der Hand gehalten. Aber das Wichtigste ist nicht die Kamera, sondern die Erfahrungen, die Beobachtungen und das Aufsaugen von zwischenmenschlichen Interaktionen. Man sollte ein Verständnis für jeden Charakter mitbringen. Ich bin Philanthrop und hinterfrage alles.
Thomas Berlin: Max, was machst du privat gerne, wenn du nicht beruflich fotografierst?
Max Sonnenschein: Kochen. Leidenschaftlich, aber für andere! Das bringt mich in eine wunderbare Me Time.
Thomas Berlin: Danke für die interessanten Einblicke!
Max ist erreichbar auf seiner Website und Instagram. Feedback zum Interview ist hier willkommen.