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Christine Bongartz
Die Belgierin Christine Bongartz hat sich erfolgreich als Fotografin auf Frauenportraits spezialisiert. Wir sprachen über Vertrauen, warum sie gedämpftes Licht bevorzugt und wie sie ihre Models darstellen möchte.
Thomas Berlin: Christine, auf deinen Bildern sehe ich meist Portraits junger schöner Frauen, die sehr natürlich wirken. Es sieht nach Entspanntheit und einem guten Vertrauensverhältnis zu dir als Fotografin aus. Ist dieser Eindruck richtig und wie wichtig ist dir, die Natürlichkeit und Schönheit deiner Models?
Christine Bongartz: Es freut mich, dass dir das aufgefallen ist. Ja, für mich ist die Natürlichkeit und die Persönlichkeit meiner Models sehr wichtig, denn genau das möchte ich auf meinen Portraits darstellen.
Thomas Berlin: Wie würdest du deinen fotografischen Stil Jemanden beschreiben, der deine Bilder nicht sieht?
Christine Bongartz: Das ist eine sehr interessante Frage! Meine Portraits würde ich als malerische und minimalistische Darstellung interessanter Menschen beschreiben.
Thomas Berlin: Wie erreichst Du die natürliche und vertraute Stimmung deiner Portraits?
Christine Bongartz: Ich versuche meine Models unverfälscht darzustellen. Dafür nutze ich nur das natürlich vorhandene Licht. Ich selber trage auch z.B. nie Make up und bin ein sehr natürlicher Mensch. Ich fotografiere nur in dem Stil, mit dem ich mich selbst identifizieren kann. Dazu ist es mir wichtig über Gespräche eine persönliche Ebene zu meinen Models aufzubauen. Ich möchte hinter die Person blicken, etwas über die Person erfahren, die ich ablichte und nicht nur eine „Hülle“fotografieren.
Thomas Berlin: Deinen Bildern sieht man tatsächlich an, dass du das natürliche Licht nutzt und lieber Schatten als Helligkeit akzeptierst. Kannst du beschreiben, wie du mit dem natürlichen Licht umgehst?
Christine Bongartz: Ja, ich bevorzuge eher weniger Licht als mehr. Daher bevorzuge ich auch das „Winterlicht“. Ich mag die winterliche „Ruhe“ und das Düstere. Ich mag das direkte Sonnenlicht nicht. Du wirst nie ein Bild von mir sehen auf dem die Sonne scheint, da ich und die Sonne keine Freunde sind. Ich mag das Kühle und das gilt auch für Farben. Allerdings ist mir das Zusammenspiel von Licht und Schatten wichtig. Ich finden es spannend mit dem Licht und den Kontrasten zu spielen.
Thomas Berlin: Achtest du bei der Bildgestaltung bewusst auf das Licht oder gehst du eher intuitiv vor?
Christine Bongartz: Es ist eine Mischung aus beidem. Zum Beispiel plane ich im Sommer die Shootings meistens Vormittags, da die Sonne zu der Zeit noch nicht so hoch steht. Es ist allerdings auch immer ein gewisser intuitiver Anteil vorhanden, allein schon damit ich flexibel sein kann.
Thomas Berlin: Wie läuft bei dir ein Fotoshooting ab? Welche Freiheiten hat das Model bzw. wie direktiv bist du?
Christine Bongartz: Zunächst ist mir das persönliche Kennenlernen meines Gegenübers wichtig. Idealerweise entsteht so eine gute und lockere Stimmung.
Meist bin ich zunächst nicht besonders direktiv und beobachte die natürlichen Bewegungen des Models. Dabei entstehen die Ideen, die wir dann gemeinsam ausbauen. Meine Shootings dauern ungefähr zwei Stunden.
Thomas Berlin: Wie kommst du an deine Models? Wonach suchst du sie aus bzw. wann ist ein Mensch als Model interessant für Dich?
Christine Bongartz: Es ist eine Mischung aus Anschreiben und Angeschrieben werden. Dafür nutze ich hauptsächlich Instagram. Für mich ist ein Model dann interessant, wenn ich es mir im Stil meiner Bilder vorstellen kann. Es muss also zu meinem Stil passen.
Thomas Berlin: Christine, wie wichtig ist dir dabei Schönheit im gängigen Sinne sowohl beim Model als auch im finalen Bild?
Christine Bongartz: Schönheit ist ein relativer Begriff und bedeutet für jeden etwas anderes. So empfinde ich beispielsweise Sommersprossen als schön, was aktuell auch ein gängiges Schönheitsideal ist. Dennoch wähle ich meine Models nach meinen subjektiven Idealen aus.
“Ich möchte meine Models nur so darstellen wie ich mich selber auch wohlfühlen würde”
Thomas Berlin: Kannst du bitte noch etwas zu der Location sagen, die du meist nutzt?
Christine Bongartz: Am meisten nutzte ich für meine Portraits meine eigene Wohnung. Hier kenne ich den Lichteinfall einfach am besten.
Thomas Berlin: Wie wichtig ist Dir überhaupt die Location. Gibt es Models, mit denen Du „überall“ shooten würdest?
Christine Bongartz: Für mich ist die Location ein wesentlicher Bestandteil meiner Bilder. Früher habe ich auch des Öfteren draußen fotografiert, dabei hat sich für mich aber schnell gezeigt, dass Homeshootings meine Leidenschaft sind.
Nein, nicht überall, eher jederzeit, denn meine Portraits funktionieren für mich eben nicht überall.
Thomas Berlin: Machst du auch Aktshootings?
Christine Bongartz: Nicht im klassischen Sinne. Ich möchte meine Models nur so darstellen wie ich mich selber auch wohlfühlen würde. Dabei ist es mir aber wichtig mit Erotik eher zurückhaltend als aufdringlich umzugehen.
Thomas Berlin: Wann ist ein Bild gelungen bzw. wann bist du damit zufrieden?
Christine Bongartz: Wenn ich die Bilder nach den Shootings durchschaue, gibt es diese Momente, in denen ich ganz intuitiv anhalte und verweile, dann weiß ich, dass das Bild für mich gelungen ist.
Thomas Berlin: Kommen wir kurz zur Technik: Mit welcher Kamera und welchem Objektiv fotografierst du am meisten?
Christine Bongartz: Ich nutze eine Canon 5D Mark 4 mit einem 50mm Objektiv. In Zukunft werde ich allerdings zu einer Leica wechseln.
Thomas Berlin: Wie sieht dein Workflow aus?
Christine Bongartz: Ich glaube, da gehe ich einen recht üblichen Weg:
Bilder durchschauen, Favoriten markieren und Nachbearbeitung mit Photoshop. Eventuell Helligkeit & Kontraste justieren, keine Retusche.
Thomas Berlin: Welche Rolle spielen Prints für dich?
Christine Bongartz: Bis jetzt spielen sie keine Rolle für mich, das könnte sich aber in Zukunft durchaus noch ändern.
Thomas Berlin: Welche Fotografen und Models inspirieren dich?
Christine Bongartz: Da gibt es viele und wahrscheinlich vergesse ich auch grade Wichtige, aber ich finde zum Beispiel die Arbeit von Carl Fehres, Phil Sharp und Holger Nitschke sehr inspirierend. Bei den Models sind es tatsächlich zu viele und es fällt mir zu schwer eine Auswahl zu treffen.
Thomas Berlin: Mit welchem Model möchtest du unbedingt mal shooten?
Christine Bongartz: Stefanie Giesinger (lacht).
Thomas Berlin: Was unterscheidet einen gutes von einem weniger guten Model aus deiner Sicht?
Christine Bongartz: Das kann ich nur für meine Portraits beurteilen: Für mich ist ein Model dann „gut“, wenn wir es schaffen, einen persönlichen Zugang zueinander zu finden, damit die Portraits Natürlichkeit und Echtheit ausstrahlen.
Thomas Berlin: Wie sollten sich Fotografen gegenüber Models verhalten, um gute Bildergebnisse zu erzielen?
Christine Bongartz: Auf jeden Fall respektvoll, denn Kreativität lässt sich nicht erzwingen.
Thomas Berlin: Wie bereitest Du Dich auf ein Shooting vor? Und kommunizierst du vor dem Shooting gegenüber deinem Model eine Idee?
Christine Bongartz: Das Kommunizieren von Ideen ist ein wichtiger Punkt. Das sieht dann meistens so aus, dass wir Moods austauschen und so die Ideen für das Shooting entstehen.
Thomas Berlin: Kannst du dich an ein lustigstes Erlebnis bei einem Shooting erinnern?
Christine Bongartz: Das ist jetzt grade die selbe Situation wie wenn jemand sagt: „Erzähl mal einen guten Witz!“. Mir fällt dann leider in solchen Moment nichts ein, obwohl es da sicher zahlreiche Momente gegeben hat.
Thomas Berlin: Die Fotografie ist nicht dein Job, hattest du mir mal gesagt. Ist sie eine reine Passion oder bereits ein Nebenerwerb?
Christine Bongartz: Meine Portraits waren und werden immer meine Leidenschaft sein. Aktuell habe ich mich dafür entschieden, die Fotografie nebenberuflich zu betreiben, da sich Kreativität und Druck nicht gut vertragen.
Thomas Berlin: Und im Rahmen deiner nebenberuflichen Tätigkeit wirst du, z.B. für Sedcardshootings gebucht oder wenn die Menschen Portraits für andere Zwecke haben möchten? Oder machst du überwiegend bei TfP-Shootings?
Christine Bongartz: Das ist ganz verschieden. Ich bekomme viele Aufträge für Schauspielerportraits, aber auch für private Portraitaufnahmen. Die verbliebene Zeit fülle ich dann gerne mit TFP-Portraits auf.
Thomas Berlin: Wie wichtig ist Social Media für deinen Erfolg und deine Inspiration? Was nutzt du?
Christine Bongartz: Was mich an Social Media begeistert, ist die Reichweite. Dabei spielen beide Richtungen für mich eine bedeutende Rolle. Zum einen finde ich Inspiration, die ich wahrscheinlich so auf einem anderen Weg nicht gefunden hätte und zum anderen können gleichermaßen Menschen auch meine Portraits finden. Hauptsächlich nutze ich Instagram.
Thomas Berlin: Fotografierst du auch etwas anderes oder bist du auf Frauenportraits fokussiert?
Christine Bongartz: Mein Fokus liegt tatsächlich klar auf Frauenportraits. Für mich funktioniert das in meinen Portraits besser.
Thomas Berlin: Wie und wann bist du eigentlich zur Fotografie gekommen?
Christine Bongartz: Das liegt schon gut und gerne 20 Jahre zurück. Der damalige Freund meiner besten Freundin hatte Fotografie studiert und ich war einfach fasziniert von seiner Kamera. Ich habe direkt gemerkt, dass ich fotografieren muss und angefangen, für meine erste Kamera zu sparen. Als ich sie dann endlich hatte, habe ich sie immer dabei gehabt und alles fotografiert, was mir in den Sinn kam. Dann habe ich allerdings recht schnell gemerkt, dass ich gerne Menschen fotografiere, ja regelrecht ihre Gesichter auf zum Beispiel Landschaftsbildern vermisst habe. Somit bin ich bei der Portrait-Fotografie angekommen.
Thomas Berlin: Was machst Du in Deiner Freizeit gern, wenn du nicht fotografierst?
Christine Bongartz: Genießen. Das kann ich am Besten, beim Reisen und Essen.
Thomas Berlin: Dabei und auch mit der Fotografie wünsche ich dir weiterhin viel Freude.
Christine ist erreichbar auf Instagram. Feedback zum Interview ist hier willkommen. Alle Bilder zu diesem Interview: (c) Christine Bongartz.
